Wanda Ribeiro und Juan Pablo de Jesus Pereira
São Paulo, Brasilien, 1. Mai 2008
Übersetzung: Cecy Renate de Carvalho
1. Einführung
Die Waldorf-Pädagogik ist immer noch relativ unbekannt. Ein erster Kontakt mit dieser Methode erweckt meistens Verwunderung oder Unglauben, und führt zu vielen Fragen.
Eltern die beschließen, ihre Kinder in eine Waldorfschule zu geben, wissen, dass sie einen mutigen Schritt tun um „anders" zu sein. Die Entscheidung ist nicht einfach, weil die Waldorf-Erziehung sich tatsächlich von anderen Unterrichtsmethoden unterscheidet. Hier einige der auffälligsten Unterschiede:
In Brasilien und vielen anderen Ländern, wenn man zuerst von der Waldorf-Pädagogik hört, entstehen zahlreiche Zweifel, weil viele Aspekte sehr anders sind als das, was in konventionellen Schulen zu finden ist. Einige dieser Zweifel beziehen sich auf eventuelle Schwierigkeiten der Schulabgänger auf ihrem weiteren Weg in gute Universitäten, auf die Frage, ob sie bei der Berufswahl eine Tendenz zur Bevorzugung von humanwissenschaftlichen oder Kunstberufen haben werden, ob sie im Berufsmarkt erfolgreich sein werden und so weiter.
Die Verfasser dieser Studie hatten selbst ähnliche Fragen und Zweifel. Ihre Tochter Renata ist zur Zeit im 10. Schuljahr der Escola Waldorf Rudolf Steiner de São Paulo (EWRS), Brasilien. Vor einigen Jahren, bei seiner ersten Bekanntschaft mit der Waldorf-Pädagogik, hatte Juan Pablo das Gefühl, nun die richtige Adresse für sein Kind gefunden zu haben, wo der Mensch gut vorbereitet wird um später in der „wirklichen Welt" tätig zu sein. Wanda hingegen hatte diesbezüglich viele Zweifel. Sie fand die Waldorf-Schulmethode zwar recht interessant, aber leider „von der Wirklichkeit weit entfernt". Im Jahr 2001, als Renata 9 Jahre alt war und einige „konventionelle" Schulen ausprobiert hatte, entschieden sie sich für die Waldorf Schule. Später hatte Wanda keinerlei Zweifel mehr darüber, dass diese Methode ganz hervorragend ist.
Die vorliegende Untersuchung wurde im August 2003 in Angriff genommen und stützt sich auf Gespräche mit Waldorf-Schulabgängern, die ja als Hauptdarsteller in diesem Prozess als Einzige in der Lage sind, all die spekulativen, überlieferten Meinungen wahrhaftig zu klären.
Die Studie ergab Antworten auf viele Fragen und eine Menge Auskünfte über Waldorf-Pädagogik selbst. Die vorliegende Arbeit liefert einige statistischen Ergebnisse über diese Gespräche. Selbstverständlich können Zahlen allein schwerlich das Wesen von all dem darstellen, was die Untersuchung ergeben hat oder was Waldorf-Pädagogik tatsächlich bedeutet. Aber gewiss können die Zahlen ein objektives Licht auf die gemeinsamen Zweifel werfen.
Diese Umfrage ist kein Werk über Pädagogik als solche: Sie enthält keine Diskussionen über Erziehungswege oder -Theorien, sondern ist eine soziologische Studie, welche die Ergebnisse der Waldorf-Pädagogik auf jenen Gebieten prüft, wo am häufigsten überlieferte Vorurteile bestehen über das Leben nach Beendigung der Schulzeit. Das ist es, was hier als „soziale Integration" besprochen wird.
2. Die Methode
Untersuchungsfeld war die EWRS selbst, aus folgenden Gründen: erstens, muss eine Studie zeit- und ortsbestimmt sein; zweitens, hat die Schule bereits eine Vielfalt von Schulabgängern, die sich für eine zuverlässige statistische Basis eignen; drittens, war diese Schule ein Pionier der Waldorf-Pädagogik in Brasilien; viertens, sind Schulabgänger in einer umfangreichen Altersskala vorhanden, die einen Überblick über die zu untersuchenden Aspekte bieten.
Zwischen 2003 und 2006 wurden insgesamt 135 Schulabgänger der EWRS befragt. Man beschränkte sich für diese erste Umfrage auf solche, die dort das Abitur absolviert hatten, wobei 108 Schüler zwischen den Jahren 1975 und 2002 erfasst wurden. Dieser Zeitraum wurde gewählt, weil im Jahr 1975 die ersten Schüler die Oberstufe abgeschlossen haben und man das Jahr 2002 für den Zweck der Untersuchung als einen genügend großen Zeitabstand erachtet. Die Anzahl von 108 Schülern entspricht einem statistischen Muster, auf welches 95% Verlass ist bei einer Fehlermarge von 10%.
Aus den Unterlagen der Schule geht hervor, dass in dem Zeitraum von 1975 bis 2002 insgesamt 1.345 Schüler die Oberstufe abgeschlossen haben. Die für die Studie befragten Schüler wurden teils auf Empfehlung von Personen außerhalb der Schule ausgewählt, teils auf Empfehlung von anderen Ex-Schülern, oder durch stichprobenartige Auswahl von Teilnehmern des Vereins der Ex-Waldorfschüler („GEA – Grupo de Ex-alunos Waldorf"), speziell jene, die an den jährlichen Treffen in 2003 und 2004 teilnahmen.
Die Autoren stellten einen Fragebogen auf mit spezifischen „offenen Fragen". Das heißt, dass die Befragten dabei frei waren, allerlei mitzuteilen – also es gab nicht Auswahl vorbestimmter Antworten. Von dieser ersten Umfrage berichten die Autoren nur quantitative Ergebnisse. Qualitative Angaben werden an anderer Stelle dargestellt und führen zur Erfüllung der Hauptaufgabe, also die überragend guten Eigenschaften einer Waldorfschule aus qualitativer Sicht aufzuzeigen. 35 Fragen wurden in anderen Zusammenhängen vorgelegt, die teilweise in dieser Studie gar nicht ausgewertet wurden, zum Beispiel über die Beziehung der Schüler zu ihren Klassenlehrern, Meinung der Schüler über Fernsehen, über ihre späteren Arbeitskollegen usw.
In 82% der Fälle wurde die Befragung persönlich, mündlich, vorgenommen und hinterher aufgeschrieben. Die Autoren wollten dabei ein Grundprinzip der Waldorf-Pädagogik befolgen, nämlich persönlichen Kontakt mit jedem Befragten. Nur 11% der Befragungen wurden per Telefon und 7% über E-mail gemacht. Die Autoren planten ja eine Studie über Waldorf-Erziehung und nicht über die EWRS. Das heißt, dieselben Fragen können für irgend eine Waldorfschule gelten. Außerdem wird in dieser Untersuchung kein Vergleich gemacht zwischen Waldorf-Pädagogik und anderen Schulmethoden.
Die Fragen halfen dazu, den Zugang herzustellen zu dem, was die Autoren folgendermaßen betitelten: „Sieben überlieferte Vorurteile zur Waldorf-Pädagogik". Dabei wurden im Detail die unter Abschnitt 1 aufgeführten Fragen behandelt. Die Vorurteile betreffen das Folgende:
Diese überlieferten Vorurteile umfassen nur einige von mehreren häufig vorkommenden Vorurteilen gegen die Waldorf-Pädagogik in Brasilien; und zwar diejenigen Fragen, die den Autoren als die typischsten, am häufigsten auftretenden erscheinen.
3. Überblick über die getesteten Schüler
Nachfolgend einige Zahlen über die untersuchten Schulabgänger:
3.1 Aufteilung nach Altersstufen
Alters- stufen |
% |
22-24 |
7 |
25-29 |
19 |
30-34 |
20 |
35-39 |
27 |
40-45 |
21 |
46-49 |
6 |
3.2 Geschlecht
Interessant ist, dass bei unseren Getesteten ungefähr dieselbe Aufteilung der Geschlechter festgestellt wurde, wie bei der Gesamtzahl der Schulabgänger der EWRS.
3.3 Zeitspanne der Schüler in der EWRS
Alle Schüler der letztgenannten Gruppe (Oberstufe) kamen aus „konventionellen" (d.h. Nicht-Waldorf)-Schulen. Jahrelang war die EWRS die einzige Waldorfschule mit Oberstufe, die es in São Paulo, beziehungsweise in Brasilien, gab.
Interessant ist auch, dass die Schulabgänger, die erst in den oberen Klassen in die Waldorfschule wechselten, sagten, dass zu dieser Schulwahl ihre eigene Meinung wesentlich gewesen sei. Sie berichteten, dass sie eine „differenzierte" Ausbildung anstrebten.
4. Besprechung der sieben überlieferten Vorurteile
4.1. Vorurteil 1: Waldorf-Schulabgänger seien nicht fähig, die Aufnahmeprüfungen in brasilianische Hochschulen oder Universitäten zu schaffen
100% der Schüler, die Aufnahmeprüfungen in Hochschulen und Universitäten machten, haben sie bestanden. Das besagt Wichtiges in Bezug auf eine akademische Leistung. Es gibt viele private Schulen, deren Oberstufe speziell auf die Vorbereitung für die Aufnahmeprüfungen in Universitäten und Hochschulen ausgerichtet ist; dabei werden die Klassen zum Beispiel gezielt aufgeteilt je nach den entsprechenden zukünftigen Karrieren – denn in den Aufnahmeprüfungen sind bestimmte Fächer vorrangig je nachdem, ob beispielsweise ein Studium von exakten Wissenschaften oder Ingenieurwissenschaft bevorsteht oder aber biologische und medizinische Fächer, Jura usw. Danach richtet sich die Vorbereitung in jenen Privatschulen. Keine Waldorfschule in Brasilien hat einen zu diesem Zweck aufgestellten Lehrplan: Alle Waldorfschulen vermitteln eine allgemeine Ausbildung. Und trotzdem weisen die Ergebnisse der Waldorf-Schulabgänger eindeutig gute Erfolge auf. Dazu muss zwar gesagt werden, dass viele der Waldorf-Schüler nach Schulabschluss Vorbereitungskurse für die Aufnahmeprüfungen – Dauer 6 oder 12 Monate – besuchen. Das Endergebnis bezeugt aber, dass Waldorf-Pädagogik nicht den Eintritt in eine Hochschule beziehungsweise Universität verhindert, sondern im Gegenteil: Das wird durch die Tatsache bezeugt, dass nur 3% kein Hochschuldiplom angestrebt haben.
Die Studie führte auch zu einer anderen bedeutsamen Erkenntnis: 91% der Befragten, die Aufnahmeprüfungen gemacht hatten, bestanden diese beim ersten Versuch, 8% beim zweiten Versuch und nur 1% beim dritten Versuch oder später. Man kann auch feststellen, dass ein Schüler der 12. Klasse selten parallel zur Schule einen Vorbereitungskurs besucht weil der Waldorf-Lehrplan in diesem Schuljahr sehr anspruchsvoll ist. Tatsächlich haben 21% der befragten Schulabgänger die Universitäts-Aufnahmeprüfungen bestanden ohne einen Vorbereitungskurs besucht zu haben, was ebenfalls ein hoher Prozentsatz ist im Vergleich zu dem anderer guten Schulen.
4.2 Vorurteil 2: Waldorfschüler würden in erstklassigen Hochschulen und Universitäten nicht aufgenommen werden
Diese Meinung ist eine Folge der vorherigen. Gemäß Erfahrungen der Autoren, wenn diese jemandem berichteten, dass die Schulabgänger bei den Aufnahmeprüfungen doch gut abgeschnitten hatten, wurde ihnen sofort entgegnet, dass es den Schülern aber nicht gelungen sei, in eine gute Hochschule oder Universität hereinzukommen. Daher beschlossen sie, zu untersuchen, in welchen Hochschulen die Schulabgänger studiert hatten. Nachfolgend ist der Prozentsatz von Waldorf-Schülern aufgeführt, die in solchen Universitäten und Hochschulen studiert haben, die beim brasilianischen Erziehungsministerium als „gut" eingestuft sind.
USP steht für "Universität von São Paulo", welche die weitestgehend wissenschaftlich produktivste im Lande ist, sie gehört zu den 150 weltbesten; PUC/SP gilt für die Katholische Universität in São Paulo; Escola Paulista de Medicina und Faculdade de Medicina da Santa Casa gehören zu den führenden Hochschulen für Medizin in Brasilien; und so weiter. Mit "Andere" sind Universitäten und Hochschulen bezeichnet, die als nicht so bedeutend gelten. So ist ersichtlich, dass 68% der Schüler in sehr gute Hochschulen kamen.
4.3 Vorurteil 3: Die Schüler seien nicht fähig, die von ihnen begonnenen Hochschulstudien abzuschließen
Eine andere häufig auftretende Meinung lautet: „Wenn Waldorfschüler die Aufnahmeprüfungen in die Universität bestehen, schaffen sie es nicht, den Kurs erfolgreich abzuschließen". Nachfolgend sind die Prozentsätze aufgeführt von Waldorfschülern, die ein Hochschuldiplom erhielten:
Überblick über die Abschlüsse, die den Schülern gelangen:
Das zeigt, dass 80% der Waldorfschüler ihr Hochschulstudium erfolgreich bestanden haben; ebenfalls berücksichtigt werden müssen auch jene 11%, die zur Zeit der Befragung noch am Studieren waren.
4.4 Vorurteil 4: Die meisten Waldorf-Schüler werden Künstler
Da die Waldorf-Pädagogik künstlerischen Themen gleiche Beachtung schenkt wie den traditionell akademischen Fächern, und außerdem in der Unter- und Mittelstufe jeder Fachunterricht künstlerisch gestaltet wird, hat sich das Vorurteil gebildet, dass die Schule lediglich Künstler ausbildet.
4.4.1 Diplome in Kunst und auf anderen Gebieten
4.4.2 Fachgebiete bei den Hochschuldiplomen
Die Fachgebiete der Hochschuldiplome werden in Brasilien aufgeteilt in biologisch-medizinische, in Ingenieurs- und Exakt- sowie in Humanwissenschaftliche Fächer. Diese Gebiete werden berücksichtigt in den umfangreichen in Brasilien üblichen Aufnahmeprüfungen zu Universitäten, namentlich Fuvest (zur USP und zu einzelnen anderen Universitäten) und Vunesp. Das sind die beiden Aufnahmeprüfungen, die in Brasilien den größten Zulauf haben – über 100.000 Kandidaten.
Es ist zweckmäßig, hier die Aufteilung der Waldorf-Kandidaten zu vergleichen mit der allgemein üblichen Aufteilung auf die beiden oben genannten hauptsächlichen Aufnahmeprüfungen (Fuvest und Vunesp): 50% für Humanwissenschaften, 30% für biomedizinische und 20% für Ingenieurs- bzw. Exaktwissenschaften. Das widerspricht der üblichen Meinung, dass Waldorf-Schüler zu Humanwissenschaften tendieren.
4.5 Vorurteil 5: Waldorf-Pädagogik bereite nicht für den allgemeinen Arbeitsmarkt vor
Es besteht die Annahme, dass Waldorf-Pädagogik die Menschen dazu ausbilde, ausschließlich auf Gebieten der Kunst berufstätig zu werden. Nachfolgend eine Aufstellung über die Berufstätigkeit der Waldorfschüler
4.6. Vorurteil 6: Waldorf-Pädagogik mache nicht konkurrenzfähig für den anspruchsvollen Arbeitsmarkt
Da Waldorf-Erziehung großen Wert auf soziale Beziehungen zwischen den Schülern sowie auf humanistische und künstlerische Bildung legt, entstand die Meinung, dass die Schüler beim Verlassen der Schule nicht für den Konkurrenzkampf im Berufsleben vorbereitet seien. Um einen Überblick zu dieser Frage zu bekommen, wurden die Schulabgänger gefragt, ob sie diesbezügliche Schwierigkeiten in ihrer Berufstätigkeit erlebt hätten.
4.7 Vorurteil 7: Es sei eine religiöse Erziehung
Waldorf-Pädagogik basiert auf der spirituellen Weltanschauung Rudolf Steiners, welcher er den Namen Anthroposophie gab. Diese wird manchmal fälschlich als Religion, oder als eine religiöse Lehre enthaltend, angesehen. In Wirklichkeit hat Steiner die Anthroposophie eingeführt mit dem Streben, spirituelle Themen mit derselben Sachlichkeit anzugehen, wie die allgemeine Wissenschaft mit der physischen Welt umgeht, das heißt, indem geforscht wird und die Ergebnisse in rein begrifflicher Art ausgedrückt werden (also nicht gefühlsmäßig, wie das bei Religion und Mystik meistens der Fall ist); es werden Hypothesen aufgestellt und nicht der Glaube angesprochen, und daraus geht eine praktische Verwendung auf allen Gebieten der menschlichen Tätigkeit hervor. Ganz ausdrücklich gehört Anthroposophie nicht zum Lehrplan der Schule und die Lehrer erwähnen sie meistens gegenüber den Schülern überhaupt nicht, da Anthroposophie generell nur im erwachsenen Alter studiert werden sollte, wodurch die persönliche Freiheit gewahrt wird. Andererseits folgen Schulen, die religiös orientiert sind, einer bestimmten Doktrin oder einem Glauben, der dann eben auch unterrichtet wird. Die Waldorf-Pädagogik empfiehlt, dass die Schüler, speziell die kleineren Kinder, Religionsunterricht durch Kirchen, Synagogen, Moscheen, Tempel usw. erhalten sollten, am besten dem Glauben der Eltern entsprechend. Früher kamen in die EWRS Vertreter mehrerer Konfessionen um Religionsunterricht zu geben, was aufhörte wegen mangelndem Interesse dieser Religionslehrer. Um Steiners Empfehlung zu folgen, dass kleine Kinder eine religiöse Erziehung bekommen sollten, bieten einige Waldorfschulen einen sogenannten „freien Religionsunterricht" an und dieser wird meistens von den Schullehrern selbst gegeben. Andererseits gehören zum Lehrplan – als Menschheitsgeschichte – Erzählungen aus der Bibel sowie viele Überlieferungen aus der Antike (zum Beispiel indische, griechische, nordische Volkssagen usw.) Die übertragene Meinung, dass Waldorf-Erziehung eine religiöse sei, wurde untersucht, indem man die Schulabgänger befragte, was sie denn in den Religionsstunden gelernt hatten.
4.7.1 Inhalte des Religionsunterrichts
4.7.2 Schulabgänger aufgeteilt nach Konfessionen
4.8 Zusammenfassung
Vorurteil 1: Waldorfschüler seien nicht fähig, Aufnahmenprüfungen in brasilianische Universitäten zu bestehen
Vorurteil 2: Waldorfschüler würden nicht in erstrangige Hochschulen und Universitäten aufgenommen
Vorurteil 3: Waldorfschüler würden es nicht schaffen, ihre Hochschulkurse abzuschließen
Vorurteil 4: Die meisten Waldorfschüler würden Künstler werden
Vorurteil 5: Waldorf-Erziehung bereite nicht für den Arbeitsmarkt vor
Vorurteil 6: Waldorf-Erziehung bereite nicht vor für die Welt der beruflichen Konkurrenz
Vorurteil 7: Es handle sich um eine religiöse Erziehung
5. Schlussfolgerungen
Diese Studie zeigt, dass die sieben Vorurteile nicht den Tatsachen entsprechen.
Die Autoren hatten Gelegenheit, dieses Ergebnis in Vorträgen an Eltern, Lehrer und das allgemeine Publikum in 12 Waldorfschulen in ganz Brasilien darzulegen. Es war sehr erfreulich viele Menschen zu treffen, die gespannt darauf warteten, ihren guten Eindruck über Waldorf-Pädagogik bestätigt zu sehen. Die Zuhörer fanden die obigen Ergebnisse wichtig, da sie einige ihrer eigenen Fragen über Waldorfschulen klärten.
Waldorf-Pädagogik hat einen eigenen Charakter. Die Zusammenarbeit von Eltern, Lehrern und Schülern ist dabei eine wichtige Eigenschaft, sie hat wesentliche Bedeutung. Die Anteilnahme ist wichtig weil Waldorf-Erziehung nicht die üblichen Maßstäbe befolgt, sodass die Schüler und ihre Eltern die Empfindung entwickeln können, „anders" zu sein. Viele Menschen möchten nicht als „andersartig" angesehen werden und daher ist es wichtig, dass sie sich davon überzeugen, dass diese Methode eine sehr gute Schulbildung gewährleistet. Zwischen Waldorf-Pädagogik und anderen Erziehungs-Methoden gibt es viele große Unterschiede. Trotzdem fanden die befragten Schüler, dass ihnen in den Waldorfschuljahren hauptsächlich zwei Aspekte aufgefallen waren: einerseits Respekt für den Rhythmus und die Reife eines jeden einzelnen Schülers, und andererseits die Anerkennung, dass der Umgang mit Kunst wirklich eine große Rolle in der Erziehung und zur Entwicklung von Sensibilität und eigenen Fähigkeiten spielt. Nachfolgend einige Sätze, welche die Befragten über diese beiden Aspekte äußerten.
5.1 Über eigenen Rhythmus und individuelle Reife eines jeden Schülers:
5.2 Über die Wichtigkeit der Kunst im gesamten Lehrprozess
Die Autoren hatten nicht die Absicht zu behaupten, dass Waldorf-Pädagogik die Rettung der Welt bedeute; sie wollten in dieser Studie lediglich einige objektive Dinge darstellen um die Menschen mit bestimmten nicht-üblichen pädagogischen Vorgehensweisen und Standpunkten bekannt zu machen. Außerdem ist den Autoren klar, dass die Schulzeit eine wesentliche Phase im menschlichen Leben, aber gewiss nicht der einzige Aspekt in der Gestaltung des einzelnen Menschen ist. Es gibt noch andere Faktoren, wie zum Beispiel Familie, Freunde, Kultur, Religion usw.
Über Waldorf-Erziehung in Brasilien
Die erste Waldorfschule in Brasilien war die Escola Waldorf Rudolf Steiner in São Paulo, 1956 gegründet mit dem Namen Escola Higienópolis (das war der Name der Gegend, wo die Schule eingerichtet wurde). In Brasilien gibt es jetzt ca. 70 nach der Waldorf-Pädagogik arbeitende Schulen, davon Volksschulen, Mittelstufe-Schulen (jeweils mit oder ohne Oberstufe) sowie einzelne Kindergärten (siehe Verzeichnis der Waldorfschulen in Lateinamerika, http://www.sab.org.br/ped-wal/lawaldir.htm und Verzeichnis der Kindergärten in Brasilien http://www.sab.org.br/ped-wal/jardins.htm). Es gibt auch einige Waldorflehrer-Seminare (das älteste und wichtigste davon in der EWRS) für alle, die Waldorflehrer werden wollen – von Jahr zu Jahr wächst der Bedarf für solche Lehrer.
Über die Autoren
Wanda Ribeiro (wandar@uol.com.br) hat ein Diplom der Universität São Paulo (USP) Jahrgang 2001 in Sozialen Wissenschaften und Jahrgang 2003 in Sozialpädagogik, ebenfalls bei der USP. Seit 2001 ist sie „Waldorfschulmutter" und besuchte den Lehrerausbildungskurs an der Escola Waldorf Rudolf Steiner de São Paulo.
Juan Pablo de Jesus Pereira (jpjeng@uol.com.br) hat ein Diplom der Universität São Paulo (USP) Jahrgang 1978 als Bauingenieur. Auch er ist „Waldorfschulvater" seit 2001 und besuchte denselben Ausbildungskurs für Waldorflehrer.
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