GEMEINSCHAFTLICHER VEREIN MONTE AZUL
[ASSOCIAÇÃO COMUNITÁRIA MONTE AZUL]
(ACOMA)

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Av. Tomás de Souza, 552
05836-350 São Paulo, Brazil
Tel: (Oxx11) 5851-5370, 5851-0006, FAX: 5851-1089 (vom Ausland: +55-11-5851-…)
www.monteazul.org.br - www.sab.org.br/monteazul/deutsch.htm

(Besuche: Montag und Diestag um 8:30 Uhr)

Die Favelas (slums) sind ein Spiegel unserer Gesellschaft mit all ihren Widersprüchlichkeiten und Ungerechtigkeiten. Man möchte ungern hineinschauen, doch lässt es sich nicht vermeiden: So überwiegen Gefühle wie Angst oder Mitleid oder beides. Um dieser peinlichen Konfrontation zu entgehen, wird im Allgemeinen versucht, diese Ansammlung von elenden Behausungen zu entfernen oder hinter Plakatmauern verschwinden zu lassen. Das Problem aber bleibt.

Dennoch scheint es noch einen anderen Weg zu geben, sich dieses Problems anzunehmen, einen Weg, der zwar keine kurzfristigen, dafür aber umso dauerhaftere Lösungen verspricht: Man kann dazu beitragen, dass die in der Favela wohnenden Menschen zu einer Gemeinschaft zusammenwachsen.

Die Associação Comunitaria Monte Azul wurde am 25. 1. 1979 gegründet und bildet den organisatorischen Rahmen für die Sozialarbeit, die die Pädagogin Ute Craemer dort seit 1975 leitet. Ute Craemer, damals Lehrerin an der Escola Waldorf Rudolf Steiner in S. Paulo (der ältesten und grössten Waldorfschule Brasiliens), lebte in unmittelbarer Nähe der Favela Monte Azul, deren Kinder immer öfter bei ihr vorbeikamen, um etwas zu essen zu erbetteln, oder um in ihrem Garten zu spielen. Es kamen immer mehr Kinder. Sie malten, spielten und bastelten. Ute erzählte ihren Schülern in der Waldorfschule davon und lud sie ein, zusammen mit den Favelakindern in ihrem Häuschen zu spielen und zu werkeln. Die Begegnung mit diesen Kindern, die ganz anderen sozialen Verhältnissen entstammten, erweckte bei den Waldorfschülern die Einsicht, dass es ganz andere Lebensbedingungen als die ihren gab und dass Teilen eine dringende und wichtige Geste ist.

1979 bekam Ute Craemer eine Spende, die den Bau der "escolinha", einer kleinen Schulbaracke auf einem Staatsgrundstück in unmittelbarer Nähe der Favela Monte Azul ermöglichte. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Verein "Associação Comunitária Monte Azul" (ACOMA) gegründet.

Mitarbeiter der Associação Comunitária Monte Azul, die aus der Favela und aus der brasilianischen Mittelschicht stammen, entwickeln dort ihre Arbeit und versuchen, das Leben in der Favela zu gestalten, auch wenn politische Widerstände, bürokratische Hindernisse, sozio-kulturelle Barrieren und der immerwährende Geldmangel die Arbeit erschweren.

Zur Zeit arbeiten 150 Pädagogen, Sozialarbeiter usw. der Associação in der Favela. 60% von ihnen sind Bewohner der Favela. Sie lassen sich von der Gewissheit leiten, dass zum Leben des Menschen mehr gehört als nur das "Überleben": Jeder sollte die Möglichkeit haben, bewusst seine Lebenswirklichkeit zu durchdenken und zu gestalten.

Seit ihrer Gründung im Jahr 1979 ist die Associação Comunitária Monte Azul in der Favela Monte Azul (3.800 Einwohner), in der Favela Peinha (2.000 Einwohner) und im Stadtviertel Horizonte Azul (12.000 Einwohner) auf verschiedenen Gebieten tätig:

Kinderbetreuung

Mit Hilfe der Waldorfpädagogik (hier anklicken für weitere Informationen auf Portugiesisch), der durch die Anthroposophie erweiterten Medizin (hier anklicken für Informationen auf Portugiesisch) und durch die Suche nach innovativen Ideen im Sozialwesen versuchen die Mitarbeiter einen Entwicklungsprozess sowohl beim Individuum als auch in der Gesellschaft anzuregen.

ERZIEHUNG

Die Erziehung steht im Mittelpunkt der Favelaarbeit. Angefangen von der Krabbelstube über den Kindergarten und die Vorschule bis zum Jugendzentrum und der Schule für Behinderte werden ca. 1000 Jungen und Mädchen pädagogisch in ihrer Entwicklung unterstützt. Das schliesst auch Nachhilfeunterricht für die Kinder der Favela ein, die die staatliche Schule besuchen. Künstlerische Betätigung, ausgewogene Ernährung und medizinische Betreuung sind wesentlicher Teil dieses Programms.

In der gut ausgestatteten Tischlerei lernt eine Gruppe von Jugendlichen Möbelstücke und pädagogisches Spielzeug herzustellen. Einige von ihnen bekommen eine monatliche Unterstützung in Höhe eines halben Mindestlohnes und werden am Verkaufserlös beteiligt. Ausserdem können die Jugendlichen folgende Fertigkeiten lernen: Weben, Elektro- und Computertechnik, Puppenherstellung, Papier- und Möbelrecycling.

Eine der wesentlichen pädagogischen Ziele der Associação Comunitária Monte Azul ist es, nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern Kindern und Jugendlichen eine umfassende Bildung zu ermöglichen, die sie in die Lage versetzt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und sie dadurch ermutigt, die sie umgebende harte Wirklichkeit zu verändern.

Diese pädagogische Arbeit findet ihre Fortsetzung in Berufsausbildungskursen für Jugendliche und Erwachsene. In den Werkstätten werden nicht nur grundlegende handwerkliche Fähigkeiten vermittelt; es besteht auch die Möglichkeit, die sprachlichen Ausdrucksformen zu verbessern, Theater oder Musik zu betreiben. Kürzlich wurde eine Schule für behinderte Kinder und Jugendliche gegründet, ergänzt durch eine geschützte Werkstatt (Musikinstrumente und Websachen). Der pädagogische Bereich umfasst:

SOZIALE BILDUNGSWERKSTATT

Schon seit 1997 gibt es in Monte Azul pädagogische Kurse für Erzieher der Kindertagesstätten, die auch schon damals von anderen Sozialwerken Brasiliens besucht wurden, da es hier keine derartige Ausbildung gibt. (Eine Anerkennung dieser Berufsbildung durch die brasilianischen Behörden wird zur Zeit angestrebt.) So wurde die Associação Comunitaria Monte Azul zu einer Anlaufstelle für pädagogisch und sozial tätige Menschen. Ausbildungskurse, Praktika, Ausarbeitung didaktischen Materials und pädagogischer Bücher, Beratungen in organisatorischen, beruflichen, finanziellen Fragen für Sozialarbeiter, Begleiten von Universitätsarbeiten u.a. gehören immer mehr zu unserem Aufgabenbereich. In Zusammenarbeit mit der UNESCO wurde ein Projekt zur Umwelterziehung ausgearbeitet, sowie ein Pilotprojekt zur Schaffung von Frauenkooperativen. Ausserdem macht jeder Mitarbeiter, auch derjenige mit Universitätsstudium, eine soziale Lehre durch - nach dem Motto "Arbeitend lernen und lernend arbeiten".

Die Teilnahme an Kongressen sowie eine intensive Vortragstätigkeit in Brasilien, Europa und Japan ermöglichen einen weiteren Erfahrungsaustausch.

GESUNDHEITSWESEN

Bewohner der Favela Monte Azul und Peinha sowie der angrenzenden Wohngebiete können die Dienste der Gesundheitsstation in Anspruch nehmen. Die medizinische Versorgung basiert auf der anthroposophischen Medizin (hier anklicken für weitere Informationen), einer Erweiterung der Schulmedizin. Krankheit wird als Teil der individuellen Biographie betrachtet.

Werdende Mütter werden vom Beginn der Schwangerschaft bis nach der Geburt medizinisch betreut. Regelmässige Aufklärungskampagnen informieren über Empfängnisverhütung, Familienplanung und AIDS.

Die Mitarbeiter der Gesundheitsstation und des zahnärztlichen Dienstes informieren über einfache und billige Möglichkeiten der Gesundheitsvorsorge. In Zusammenarbeit mit den Bewohnern der Favelas werden Gemeinschaftsarbeiten organisiert wie z.B. Abwasserregulierung, Bau einer Stützmauer zum Schutz der Häuser und Hütten vor Schlammlawinen.

Gesunde Lebensmittel werden in Horizonte Azul ohne Verwendung von Pestiziden angebaut und an die Gemeinschaftsküchen der Kindertagesstätten und anderer Sozialwerke geliefert. Auf diese Weise wird für eine ausgeglichene Ernährung der Kinder gesorgt.

Gesundheitsvorsorge:

Im erweiterten Sinne gehören zur Pflege der Gesundheit auch:

Ärztliche Betreuung durch:

Therapeutische Aktivitäten:

KULTURLEBEN

In allen drei Tätigkeitsgebieten der ACOMA (Horizonte Azul, Favela Monte Azul und Peinha) gibt es Theater- und Tanzaufführungen, musikalische und sonstige künstlerische Darbietungen. Im Centro Cultural Monte Azul realisieren die Bewohner der Favela und der angrenzenden Wohngebiete ihre eigenen Aufführungen. Sie können dort Konzerte, Theaterspiele und Shows von bekannten brasilianischen und internationalen Künstlern besuchen; meist gibt es 8 bis 10 Darbietungen im Monat. Eine Gruppe von Mitarbeitern ist zuständig für die Veröffentlichung von Texten und Büchern.

Die künstlerischen Aktivitäten umfassen:

LEBENSQUALITÄT

Erziehung, Gesundheit, Wohnen, Freizeit — die Bedürfnisse der Menschen sind vielfältig. Die Associação möchte dazu beitragen, das Leben harmonischer zu gestalten. Dazu gehören:

INNERE ORGANISATION

Um die verschiedenen Arbeitsgebiete der Organisation miteinander zu verbinden und den Informationsfluss sicherzustellen sind regelmässige Treffen der einzelnen Arbeitsgruppen vorgesehen. Alle Mitarbeiter der Associação und die freiwilligen Helfer treffen sich in der allgemeinen Konferenz, um Probleme der Favela oder des Vereins zu besprechen und Erfahrungen auszutauschen. Es werden dort auch Themen von allgemeinem Interesse aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Ökologie usw. erörtert, die zum besseren Verständnis der Gesellschaft beitragen.

Zwei weitere Konferenzen finden regelmässig einmal in der Woche statt: die "Zielkonferenz" (reunião de metas) und die Arbeitsbereichkonferenz. An der Zielkonferenz nehmen diejenigen Mitarbeiter der Associação teil, die sich langfristig für die Arbeit in der Favela verantwortlich fühlen. Sie hat im wesentlichen eine koordinierende Funktion. Die Konferenz der verschiedenen Arbeitsbereiche (Kinderkrippen, Kultur, Gesundheit etc.) besprechen ihre Fragen und treffen Entscheidungen, soweit sie nicht übergeordneter Natur sind und an die Zielkonferenz weitergeleitet werden.

Ausserdem gibt es Ausschüsse zu bestimmten Sachthemen (z.B. Ernährung, Feste, Arbeitsmaterial). Neunmal im Jahr treffen sich Mitarbeiter und freiwillige Helfer zu einem "Integrationstag", an dem Theater-. Tanz- und Musikaufführ ungen, Vorträge, Gruppenarbeit, handwerkliche Kurse zu einem verstärkten gegenseitigen Kennenlernen beitragen.

FINANZEN

In den ersten Jahren seines Bestehens wurde die Arbeit des Vereins nur von vereinzelten Spenden getragen. Das brasilianische Kinderhilfswerk AMENCAR (in Zusammenarbeit mit der Kindernothilfe Duisburg) war die erste Organisation, die eine regelmäss ige Unterstützung zusagte. Hinzu kam seit 1981 ein Abkommen mit der Stadtverwaltung. Zur Zeit bezieht die Associação Unterstützung von folgenden Institutionen:

Spenden können in Deutschland eingezahlt werden bei:

Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners e. V.
Postgirokonto Stuttgart 398 00 704, BLZ 600 100 70, Vermerk "Monte Azul"

(Spenden sind steuerabzugsfähig)

AUSZEICHNUNGEN

VERÖFFENTLICHUNGEN UND ÜBERSETZUNGEN

(auf Portugiesisch, wenn nicht anders vermerkt)

ACOMA. Bolinha de Sabão (Kinderbuch), S. Paulo 1988
ACOMA. Poemas para Crianças e Educadores, S. Paulo 1994
Bertalot, I. Criança Querida, Dia a Dia da Alfabetização, Monte Azul (ACOMA), S. Paulo 1994
Blaich, M., E.F.Pinto, Ute Craemer. Medicina para quem? S. Paulo 1988
Campos, J.M. Leite Materno, S. Paulo 1995
Craemer, Ute. Questão Social, ACOMA, S. Paulo 1988
Craemer, Ute. Girasol (Kinderbuch in 4 Sprachen). Tokyo 1990
Craemer, Ute. Favela-Kinder, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1980 (deutsch)
Craemer, Ute. Favela Monte Azul, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1987 (deutsch)
Craemer, Ute. Aus der Arbeit in der Favela Monte Azul, in: Stefan Leber (Hrsg.), Anthroposophie und Waldorfpädagogik in den Kulturen der Welt, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1997 (deutsch)
Floride, Athys. O Homem e o Espirito dos Povos, 1998
Hartman, O., Antroposofía - um Esboço, 1995
Keller, R. J. Criança Querida: Dia-a-Dia na Creche, ACOMA, S. Paulo 1994
Mehrere Autoren, Sexualidade, 1995
Mehrere Autoren, AIDS, 1995
Onuki, Daisuke. Escute bem (japanisch), Honnuki Inc., Tokio 1989
Schmidt, B., Marionetes e Bonecos, Manual para Teatrinho, 1995
Steiner, Rudolf, Os Mistérios do México, 1996
Zoriki, M. Coletânea de Músicas Juninas, Ed. Antroposófica, S. Paulo 1998


FOTOS

Bitte hier anklicken, um Fotos vom Kinderhort zu sehen.

Bitte hier anklicken, um ein Foto von der Tischlerei und den dort hergestellten Spielsachen zu sehen.


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Stand Juli 1999

(Übersetzung aus dem Englischen)